Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 10, Oktober 2005

Meine erste Reise nach Glogau

von Steffen Mauring


Das Rathaus in Glogau

Schlesien hat für mich seit meiner Kindheit eine ganz besondere Bedeutung. Meine Eltern, Maria Mauring (geb. Schönberger, in Glogau 1911) und mein Vater, Josef Mauring, erzählten mir von Ihrer Heimat Schlesien, von Glogau, Liegnitz und dem Riesengebirge mit seinem Rübezahl.

Meine Eltern sangen oft auch das Schlesierlied und bekamen dabei glänzende Augen.

Die Erinnerung an die Heimat, aber auch an die Vertreibung hatte für mich als Kind eine große Bedeutung.


Rathausturm und Jesuitenkirche

Vor der herannahenden Russischen Armee flüchtete auch meine Mutter mit meinen drei Brüdern 1945 von Schlesien in den Westen. In einem kleinen Dorf mit dem Namen Welsede im Weserbergland fand meine Mutter mit meinen Brüdern und unserem aus der Kriegsgefangenschaft entlassenen Vater eine neue Bleibe. Hier, in Welsede wurde ich 1946 geboren.

Meine Mutter Maria Mauring (geb. Schönberger) lebt jetzt 94jährig in Osnabrück. Mit großem Interesse lese ich regelmäßig den Glogauer Anzeiger, und der Wunsch, nach Schlesien zu fahren, war sehr lange vorhanden.

Im Juli 2005 war es dann so weit, ich fahre mit meiner Frau Christina per Auto nach Glogau. Die jetzige Grenze ist schnell erreicht und die Grenzkontrolle sehr schnell erledigt. Jetzt sind wir in Schlesien.

Das Orientieren nach den Verkehrsschildern ist nicht einfach, und so erreiche ich nach einem Umweg ein herrliches, sommerliches Glogau. Das Hotel ist schnell gefunden, mein Auto parkt sicher auf dem Parkplatz vor dem Hotel, und aus dem 4. Stock können wir bei Sonnenschein die ganze Stadt mit ihren Türmen, Mauern und Grünanlagen sehen. Ausgestattet mit einem alten und neuen Stadtplan machen wir uns neugierig auf den Weg, die Stadt zu erkunden. Werde ich das Geburtshaus meiner Mutter finden?

Auf dem Weg in die Innenstadt sehen wir viele Fußgänger mit vollen Einkaufstüten, die den Namen Lidl tragen.

Die im alten Stil wieder errichtete Altstadt macht auf uns einen modernen Eindruck. Wir entdecken nur sehr wenig alte Häuser. Die Straße, in der meine Mutter geboren war, ist nicht mehr vorhanden, aber ihre Schule. An der ehemaligen Hohenzollernstr. essen wir einen Döner und gehen Richtung Oder.

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Der Dom in Glogau

Ein besonderes Erlebnis ist für uns der Besuch der Vorstadt mit ihrem Dom. Ein freundlicher Priester erlaubt uns den Besuch des Domes. Der Dom war sehr schwer beschädigt, aber jetzt restauriert. Uns gefallen die Neuen Fenster, aber besonders erwähnenswert ist für uns die Ausstrahlung des Doms, von der wir überwältigt sind. An der großen Oderbrücke steht immer noch der heilige Nepomuk und neben Nepomuk stehend, genießen wir die Abendsonne über der Oder, welch ein romantisches Bild.

Am nächsten Tag fahren wir zur Geburtsstadt meiner drei Brüder, nach Liegnitz. Liegnitz wurde nicht so schwer zerstört wie Glogau, und wir sehen viele alte Gebäude und auch das Geburtshaus meiner Brüder. Wir fühlen uns nicht fremd in Schlesien und können die ca. 1000-jährige deutsche Geschichte überall spüren. An einer Kirche in einer Pfarrgemeinde, die im Riesengebirge liegt, entdecke ich eine Tafel auf der steht:

Zum Andenken an die verstorbenen
deutschen Bewohner der Pfarrgemeinden Seidorf,
die auf den Friedhöfen der beiden Kirchen
bestattet sind.
1285 - 1946
Mögen sie ruhen in Frieden

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