Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 12, Dezember 2020

Altes und Neues aus Rabsen

von Thomas Kinzel

Die Kirche in Rabsen im September 2020

Mein letzter Besuch an der katholischen St. Laurentius Kirche in Rabsen lag mehrere Jahre zurück, genau genommen war es 2017. Über das “verschwundene Dorf“ an der Oder wurde zuletzt im NGA 4/2009 berichtet. Bis auf Kopfsteinpflaster im Wald und das ruinöse Kirchengebäude in dessen Mitte weißt kaum mehr etwas auf das lt. Adressbuch von 1943 ehemals 270 Einwohner zählende Dorf hin.

Umso mehr hat mich bei meinem Besuch im September diesen Jahres erstaunt, bei einem polnischen Freund aus den Reihen der TZG (Towarzystwo Ziemi Glogowskiej) einige Bilder zu sehen, die das Areal rund um die Kirche, d.h. den ehemaligen Kirchhof beräumt zeigten. Auf Nachfrage hin sagte man mir, dass dort gelegentlich Gottesdienste unter freiem Himmel stattfinden. Vielleicht wie früher, am 10. August, dem Sterbetag des hl. Laurentius von Rom.
Erstaunt war ich weiterhin, bei einem spontan angesetzten Besuch der Örtlichkeit an verbliebenen Mauern der Friedhofskapelle „Ölberg“ junge Erwachsene bei Konservierungsarbeiten anzutreffen. Betraut waren die Student*innen aus Krakau mit der Sicherstellung und Übertragung der barocken Fresken (Wandbilder) bzw. deren Reste in den Dom nach Glogau (Glogów). Thomas Feiereis (www.feiereis.info), dessen Familie aus Rabsen stammt, hatte bereits bei seinem Besuch 2017 diese Fresken fotografisch dokumentiert. Aus der kirchlichen Zeitschrift „Maria Hilf“ ist ein Artikel überliefert, der die Pfarrei Rabsen wegen der Spendenfreudigkeit seiner „Kirchkinder“ als eine Mustergemeinde ausweist. Der Wortlaut des Artikels aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts wie folgt:

“Bei Gr.Glogau in PreußischSchlesien ist die Pfarrei Rabsen gelegen, die noch nicht 1500 Katholiken zählt. – die flache Decke der Kirche befand sich schon seit längerer Zeit in einem äußerst bedenklichen Zustande. Große Risse hatten sich gebildet. Eine durchgreifende Renovation war notwendig. Woher sollte aber der neue, jugendliche Pfarrer, der hochw. Herr Franz Xav. Schroedter das Geld nehmen? Er legte seinen Plan den Kirchkindern vor.

Die Student*innen aus Krakau bei ihren Konservierungsarbeiten an der Friedhofs-Kapelle „Ölberg“

Dieselben legten trotz der ungünstigen Zeitverhältnisse eine ungewöhnliche, höchst ehrenwerte Opferfreudigkeit an den Tag 10.000 Mark wurden in einem Jahre beigesteuert. Ein Besitzer gab allein 2000 Mark, ein anderer 1000. Zweispendeten e 300 Mark. Acht Personen opferten je 100 – 200 Mark. Dreiundzwanzig brachten je 100 und sechsundzwanzig je 50 Mark. – Selbst die Ärmsten wollten ihr Scherflein für das Haus des geliebten eucharistischen Königs beitragen. Dienstmädchen brachten von ihren sauer verdienten und ersparten Pfennigen bis 9 Mark. Eine Kirchenkollekte am Feste des Kirchenpatrones, des hl. Lurentius, ergab 144 Mark.

So wurde es dem seeleneifrigen Herrn Pfarrer möglich, die Kirche prächtig ausmalen zu lassen, zwei Altäre und eine Kanzel anzuschaffen, den Umbau der Orgel zu besorgen, und ein prachtvolles Bild U. L. Frau von der immerwährenden Hilfe, getreu nach dem Original gefertigt, aus Rom zu bestellen.

Dasselbe wurde im prachtvollen, reichvergoldeten Rahmen am Seitenaltare der Epistelseite aufgestellt. – Vom 20.22 Oktober 1901 wurde von zwei Redemptoristenpatres ein feierliches Triduum zu Ehren der Mutter von der immerwährenden Hilfe mit sechs Festpredigten abgehalten. Vor der ersten Predigt wurde das Gnadenbild feierlich enthüllt und wurden Gebete vor demselben verrichtet. – Die Kirche war bei jeder Predigt mit Gläubigen dicht gefüllt. 650 Kommunionen wurden gespendet. Die Söhne des hl. Alphonsus empfahlen die Bruderschaft von der immerwährenden Hilfe, sowie die Zeitschrift „Maria Hilf“. Anfangs November hatten sich bereits 456 in die Bruderschaft von der immerwährenden Hilfe aufnehmen lassen und die Zeitschrift „MariaHilf“ hatte bereits 140 Abonnenten. Anfangs Januar 1902 war die Zahl der Abonnenten schon auf 160 gestiegen.

Die zerfallene Kapelle in Rabsen / Fotos: Thomas Feiereis

Mit Freuden muß die Mutter von der immerwährenden Hilfe auf diese Pfarrgemeinde herniederschauen. Sie wird den opferfreudigen Pfarrkindern sicher reiche Gnaden und Segnungen vermitteln.

Möge das Schöne Beispiel der Opferwilligkeit und der Marienverehrung recht viele Nachahmer finden. “