Neuer Glogauer Anzeiger, Nummer 8 August 2020

14 Türme überragten Glogaus Dächer – wie sieht es heute aus?

Der Turm des Glogauer Rathauses

Das Glogauer Rathaus 2017 Foto: H. Walter

Nach der vollständigen Zerstörung im 2. Weltkrieg konnte er mit deutscher Hilfe am 16. Dezember 1995 wiedererstehen und eingeweiht werden.

Noch im 50. Jahr nach der so entsetzlichen Zerstörung der Stadt ist der Wiederaufbau des Rathausturms, des einstmals und auch jetzt wieder höchsten Turms der Stadt, vollendet worden. Der neue Turm übernimmt weitestgehend die Form des früheren und ist noch über einen Meter höher als jener. Den Aufbau hat die Stiftung für deutschpolnische Zusammenarbeit, bei nachdrücklicher Befürwortung durch Bundesminister a. D. Heinrich Windelen, mit 2,5 Mill. DM bezuschusst. Damit hat die Stadt wieder ihren weithin sichtbaren Mittelpunkt erhalten, der Vergangenheit und Gegenwart zusammenhält.

Die Einweihung des Turmes vollzog sich als bedeutungsvoller Akt von geschichtsträchtigem Ausmaße. Er fand am 16. Dezember 1995 statt und begann mit einer würdigen Feierstunde im Saale des Glogauer Schlosses vor zahlreichen und hochrangigen Gästen. Deutscherseits waren anwesend: Der Generalkonsul der Bundesrepublik Deutschland aus Breslau, Bruno Weber, Frau Bürgermeister Waltraut Krückeberg, Stadtdirektor Dr. Klaus Rosenzweig, beide Langenhagen, Dr. Klaus Schneider als Vertreter der Stiftung Kulturwerk Schlesien, Dr. Siegfried Behrendt als Vertreter der Stadt Eisenhüttenstadt, Hans Joachim Schelenz und Manfred Liersch vom Vorstand des Glogauer Heimatbundes. Die Beigaben des Glogauer Heimatbundes zum Verbleib im Mittelknauf des Turmhelms — beide Glogauer Geschichtsbücher, Münzen, Briefmarken, Widmungsschreiben - waren schon zuvor dort eingeschlossen worden.

Das Glogauer Rathaus 2017 Foto: H. Walter

Nach der Feierstunde begab man sich zum Rathaus, an dessen Nordseite Turmhaube und Kran bereitstanden. Der Turmhelm hat Zwiebelform, die aus Kupferblech getrieben ist, am Übergang von dort zur Wimpelstange befindet sich ein kleinerer und in der Mitte der Stange ein großer vergoldeter Knauf in dem die Beigaben liegen, und eine Stange mit Wimpeln, in den die Jahreszahlen 1720 (Errichtung des Turms, wie er bis 1945 bestand) und 1995 (Wiederherstellung des Turms) eingestanzt sind. Das Gerüst des Helmes besteht aus Stahlkonstruktion, das Gewicht des Helmes beträgt 12 t, seine Höhe etwa 15 m. Der Turmhelm wurde sodann auf eine Höhe von über 80 Meter hochgezogen und auf dem aufgebauten Turm des Rathauses aufgesetzt. Der neue Turm in alter Form ist ein Zeichen sinngebender Begegnung.

Mit der Aufsetzung des Helmes wurde 1995 die erste Etappe des Wiederaufbaus des Glogauer Rathauses abgeschlossen. Das Rathaus mitsamt dem Turm war nun im Rohbau fertig und bis zur endgültigen Fertigstellung bzw. Einweihung am 25. Mai 2002 war noch viel zu tun. Und selbst bei der Einweihung im Mai 2002 waren der „Weiße Saal“ auf der 1. Etage und der Rathauskeller noch im Rohbau. Die Gesamtkosten bis dahin betrugen 33 Millionen Zloty = 9 Millionen Euro und wurden zur Hälfte von der Stadtverwaltung von Glogau und zur Hälfe von der Bundesrepublik, Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit finanziert. Die Arbeiten am Wiederaufbau des Glogauer Rathauses begannen 1986. (GHB)

Wiederaufbau

Was da entsteht, ist Glogau,
und ist doch Glogau nicht.

Es sind die alten Straßen
mit anderem Gesicht.

Es sind auch andre Menschen,
die durch die Straßen gehn,

mit einer andern Sprache,
die wir doch nicht verstehe.

Und dennoch ist es Glogau,
ist Glogau, wie's einst war.

Da fließt noch uns're Oder
wie einst, so immerdar.

Da steht die alte Post noch
und das bekannte Schloß.

Der Turm der Stadtpfarrkirche
ragt hoch noch, mächtig, groß.

O ja, es ist noch Glogau,
ist Glogau, wie wir's kennen;

auch wenn die andern Menschen
die Bauten anders nennen.

Da gibt es noch die Vorstadt;
der Bahnhof steht noch dort,

auch uns're alte Schule
und manch bekannter Ort.

Doch auch das neue Glogau,
das Glogau, das entsteht,

läßt für die Zukunft hoffen,
daß Glogau nie vergeht.

Manch altvertrautes Bauwerk
ersteht aus Trümmern neu,

auch wenn es andre bauen,
ist's doch dem Stadtbild treu.

Was da entsteht, ist Glogau,
ein andres Glogau doch.

Den einen bietet's Heimat
und uns Erinn'rung noch.

Für uns ist Glogau eben
nun die Vergangenheit.

Für andre ist es Leben
in einer neuen Zeit.

Winfried Ackermann†